Gedicht

 
Die Zerstörung Magdeburgs
von Johann Wolfgang von Goethe

O Magdeburg die Stadt,
Die schöne Mädchen hat,
Die schöne Fraun und Mädchen hat,
O Magdeburg die Stadt.

Da alles steht im Flor,
Der Tilly zieht davor
Durch Garten und durch Felder Flor
Der Tilly zieht davor.

Der Tilly steht dadraus.
Wer rettet Stadt und Haus?
Geh, Lieber, geh zum Tor hinaus
Und schlag dich mit ihm draus.

Es hat noch keine Not,
So sehr er tobt und droht;
Ich küsse deine Wänglein rot,
Es hat noch keine Not.

Die Sehnsucht macht mich bleich,
Warum bin ich denn reich?
Dein Vater ist vielleicht schon bleich.
Du, Kind, du machst mich weich.

O Mutter, gib mir Brot!
Ist denn der Vater tot?
O Mutter, gib ein Stückchen Brot!
O welche große Not!

Dein Vater lieb ist hin,
Die Bürger alle fliehn;
Schon fließt das Blut die Straße hin,
Wo fliehn wir hin, wohin?

Die Kirche stürzt in Graus,
Da droben brennt das Haus.
Es qualmt das Dach, schon flammts heraus;
Nur auf die Straß hinaus!

Ach, keine Rettung mehr!
In Straßen rast das Heer;
Es rast mit Flammen hin und her,
Ach, keine Rettung mehr!

Die Häuser stürzen ein.
Wo ist das Mein und Dein!
Das Bündelchen, es ist nicht dein,
Du flüchtig Mägdelein.

Die Weiber bangen sehr,
Die Mägdlein noch viel mehr.
Was lebt, ist keine Jungfer mehr;
So raset Tillys Heer.