Archiv der Kategorie ‘Leinwand’
Berlinale 2011: Mein bester Feind
Mein bester Feind | My Best Enemy
R: Wolfgang Murnberger
Österreich, Luxemburg 2010
Deutsch
D: Moritz Bleibtreu, Georg Friedrich, Ursula Strauss, Uwe Bohm, Marthe Keller, Udo Samel
Script: Paul Hengge, bearbeitet von Wolfgang Murnberger
Wettbewerb
Wolfgang Murnberger ist mir durch die drei Brenner Filme ein Begriff. Das Handwerkliche ist also schonmal vorhanden. Die Handlung klingt durchaus unterhaltsam und mit dem Darstelleraufgebot scheint Mein bester Feind ein Runde Sache zu werden.
Ganz so rund ist der Film nach den 110 Minuten allerdings nicht. Thematisch eine eher tragisch ernste Geschichte, mit komischen Elementen versetzt und temporeich auf Leinwand gebracht. Alles für sich genommen ist funktioniert außerordentlich gut. Das Zusammenspiel funktioniert aber weniger gut. Bei mir verursachten die Stimmungswechsel immer etwas Bauchschmerzen und so konnte ich mich nie völlig auf die lustigen oder auch die ernsten Passagen in dem Film einlassen. Am Ende kriegt Murnberger zwar noch die Kurve und beschert uns eine Hollywood-typisches Happy End, macht mich aber nicht vollends glücklich. Obwohl äußerlich alles passt – Kamera, Kulisse, Musik, Darsteller, Handlung, Kostüme etc. – bleibt ein etwas bittere Nachgeschmack.
Dennoch war Mein bester Feind eine unterhaltsamer Film, nicht mehr und nicht weniger und ein guter Start für den heutigen Berlinale Tag.
Berlinale 2011: Scenes From The Suburbs
Scenes From The Suburbs
R: Spike Jonze
USA, Kanada 2010
Englisch
D: Sam Dillon, Zoe Graham, Zeke Jarmon, Paul Pluymen, Ashlin Williamson
Berlinale Shorts Wettbewerb
Lange und sehnsüchtig habe ich auf den Moment gewartet und wurde nicht enttäuscht. Musik von der Band Arcade Fire in Filmform verwandelt durch Spike Jonze. Herausgekommen ist ein sehr interessantes Stück Film, welches Szenen von Jugendlichen zeigt, die jeder so oder so ähnlich wohl auch selbst in seiner Jugend erlebt hat.
Scenes From The Suburbs spielt allerdings in einer Umgebung die zunächst vertraut, kurz darauf allerdings fremd und auch irgendwie utopisch wirkt. Dies lenkt jedoch schnell den Fokus zurück auf die Darsteller und dessen Beziehungen untereinander und darin ist Spike Jonze ein Könner. Schon in Where the Wild Things Are konnte er mich mehr als überzeugen. Ganz konkret lässt sich die Handlung nicht nachvollziehen, was es etwas erschwert dem Ablauf zu folgen. Aber das birgt auch gleichzeitig den Reiz an dem Film. Zurück bleibt nach den knapp 30 Minuten ein toller Soundtrack und die Erlebnisse der Figuren, die ausgesprochen gut und authentisch durch die Jungdarsteller vermittelt wurden.
Berlinale 2011: Susya
Susya
R: Dani Rosenberg, Yoav Gross
Israel, Palästinensische Autonomiegebiete 2010
Arabisch, Hebräisch
Berlinale Shorts Wettbewerb
Ein anscheinend ewig andauernder Konflikt auf so einfache und dennoch tragische Weise dokumentiert. Alles scheint verfahren und der Konflikt zwischen Israel und Palästina unlösbar. Allzu deutlich zeigt das dieser kurze Dokumentarfilm. Ganz nah ist er am Geschehen und macht so die Problematik greifbar. Eine Antwort auf die Probleme kann auch Susya nicht geben, versucht sich aber in der Mittlerrolle um Verständnis auf beiden Seiten zu schaffen.
Berlinale 2011: Sudsanan
Sudsanan | Terribly Happy | Schrecklich Glücklich
R: Pimpaka Towira
Thailand 2010
Thai
D: Nopavat Onsee-tha, Chontida Praton, Yanee Kongnakoo
Berlinale Shorts Wettbewerb
Sehr dramatisch wird eine, in jüngerer Vergangenheit häufiger anzutreffende, Situation in Thailand gezeigt. Eine junge Frau geht eine Beziehung mit einem älteren Herren aus dem Westen ein. Ob nun aus Zwang oder aus freien Stücken sei zunächst dahin gestellt. Jedenfalls verletzt dies den vom Militärdienst zurück gekehrten Soldaten sehr, dessen Liebe ungebrochen zu der jungen Frau, seiner bisherigen Freundin, ist. Überzeugend werden die Gefühle und innerlichen Konflikte über die Leinwand transportiert. Nachvollziehbar sind, wie so oft, alle Positionen, was die Dramatik des Ganzen noch steigert. Eine Milderung der Wut des Soldaten soll die Vergebung bringen. Ein innere Auseinandersetzung beginnt und der Zuschauer trägt diese ebenfalls mit sich selbst aus.
Berlinale 2011: Untying the Knot
Untying the Knot
R: Jafar Panahi
Iran 2007
Farsi
Berlinale Shorts Sondervorführung
Ein kurzer Einblick ins Alltagsleben im Iran. In den wenigen Minuten werden gesellschaftliche Zwänge und die damit verbundene Notwendigkeit von Beziehungen sichtbar. Auf sehr simple aber dennoch eindringliche Weise wird diese Problematik an den Zuschauer herangetragen. Das alles ohne dabei demonstrativ den Finger zu erheben. Generell zeigt sich in den aktuellen iranischen Filmen, dass ein Teil der Bevölkerung durchaus gewillt ist, das bestehende Gesellschaftssystem zu ändern. Untying the Knot ebnet zumindest den Weg dortin.
Berlinale 2011: Stick Climbing
Stick Climbing
R: Daniel Zimmermann
Österreich, Schweiz 2010
Ohne Dialog
Berlinale Shorts Wettbewerb
Es beginnt in einem kleinen Dorf. Die Kamera schwebt eine Straße entlang und zeigt das bunte Treiben vor den Häusern. Bereits jetzt ist in der Ferne eine Felswand zu sehen, die wenig später dann auch zentraler Bestandteil werden soll. Nun verlässt die Kamera die Straße, folgt einem Wanderweg und biegt schon kurz darauf ins Dickicht ab. Nach einem dichten Grün erscheint das Steingrau der Felswand. An ihr eine weiße Linie aus hölzernen Leisten, denen die Kamera jetzt folgt. Es ist nicht ersichtlich wie die Kamera empor steigt und es folgt ein mit geschickt eingesetzter Schnitttechnik scheinbar ununterbrochener Aufstieg bis auf den Gipfel. Oben angelangt breitet sich ein wunderbares Panorama vor dem Betrachter aus. Und ganz weit unten im Tal, das Dorf, wo alles begann.
Bemerkenswert ist die durchweg fließende Kamerafahrt. Beim Aufstieg sind keinerlei Hilfsmittel ersichtlich und so erhält man einen einzigartigen Blickwinkel auf das Geschehen.
Berlinale 2011: Switez
Switez | The Lost Town of Switez | Switez – Die verlorene Stadt
R: Kamil Polak
Polen, Schweiz, Frankreich, Kanada, Dänemark 2010
Ohne Dialog
Berlinale Shorts Wettbewerb
Nach Heavy Heads ein weiterer Animationsfilm. Visuell sehr beeindruckend erzählt Switez ein apokalyptische Geschichte einer Geisterstadt die im Mittelalter noch eine blutigen Massaker überschwemmt wurde und nun auf dem Grund eine Sees liegt. Basierend auf einem Gedicht aus dem 19. Jahrhundert von Adam Mickiewicz setzt Kamil Polak mit Unterstützung eines grandiosen orchestralen Klangteppichs die Handlung aus einem Mix aus CGI und Malerei, welches zusammen eine wunderbare Mischung ergibt, um und zieht den Zuschauer magisch in seinen Bann. Die knapp 20 Minuten sind packend, aufregend und vergehen leider viel zu schnell. Dabei wird komplett auf einen Dialog verzichtet. Aber auch so versteht es Switez mit Leichtigkeit die Handlung nahe zu bringen. Was die Kategorie des Animationsfilms betrifft, definitiv das Highlight auf dieser Berlinale.