Archiv der Kategorie ‘Leinwand’
Berlinale 2011: The Devil’s Double
The Devil’s Double
R: Lee Tamahori
Belgien 2010
Englisch
D: Dominic Cooper, Ludivine Sagnier
Panorama Special
Dieser Film war schon im Vorfeld heiß diskutiert worden. Die Meinungen dazu gingen weit auseinander und so ging ich mit einiger Vorfreude in die Vorstellung. Der Regisseur Lee Tamahori ist in Hollywood kein Unbekannter, verfilmte er denn auch schon einen James Bond Streifen. Allerdings gilt er mehr oder weniger nur als jemand der für Notfälle einspringt und dies merkt man seinen Filmen auch an. Aber komm ich zurück zu seinem neuesten Werk.
Handwerklich ist The Devil’s Double gut gemacht. Überzeugende Schauspieler, ein authentisches Set, solide Musik und knackige Bilder. Mit viel Lärm geht es auch gleich im Vollgastempo in den Irak. Inwiefern man der auf den Autobiografien von dem echten Doppelgänger Latif Yahia basierenden Handlung glauben schenken darf, bleibt jedem selbst überlassen. Manches wirkt leicht überzeichnet und der Dramaturgie wegen angepasst. So wird es auch schwierig gerade die brutalen Szene aus Folter, Sex und Gewalt einzuschätzen. Ständig schwanke ich zwischen Entsetzen und Groteske. Hat dies zu Beginn noch seinen Reiz wird es mit Fortschreiten des Films immer ärgerlicher. Am Ende neige ich hin zur Gleichgültigkeit und warte nur noch auf das Ende.
Ein sehr positiver Aspekt ist allerdings die darstellerische Leistung von Dominic Cooper der unglaublich gut gleichzeitig die Rolle von Saddams Sohn und dessen Doppelgänger spielt. Obwohl sich im Film beide Personen immer ähnlicher werden, bleiben beide Charaktere dennoch deutlich voneinander getrennt erkennbar. So gut wie Dominic Cooper seine Sache macht, so deplatziert wirkt Ludivine Sagnier in The Devil’s Double. Dabei bin ich mir nicht sicher, ob es an Sagnier selbst oder am fehlenden Talent von Regisseur Tamahori liegt.
Letztlich bleibt ein Film, den ich nicht ernst nehmen kann und will. Zu uneindeutig ist dessen Aussage. Dennoch war der Blick ins Leben des Sohnes von Saddam Hussein äußerst interessant und verstörend zugleich. Einmal sollte man The Devil’s Double gesehen haben, eine weitere Sichtung ist allerdings nicht nötig.
Berlinale 2011: Coriolanus
Coriolanus
R: Ralph Fiennes
Großbritannien 2010
Englisch
D: Ralph Fiennes, Gerard Butler, Vanessa Redgrave, Brian Cox, James Nesbitt
Script: John Logan
Wettbewerb
Alle paar Jahre gibt es eine Shakespeare-Verfilmung. Diesmal versucht sich der Brite Ralph Fiennes an dem Stück Coriolanus. Der Schauplatz wird dabei vom 4. Jahrhundert in die Gegenwart verlegt. So zieht Coriolanus, gespielt von Ralph Fiennes, der auch gleichzeitig Regie führt, mit modernster Ausrüstung und Waffentechnik in den Krieg. Dementsprechend laut und actionlastig startet der Film dann auch. Kurz darauf offenbart sich aber schon die erste Schwäche des Films. Ralph Fiennes neigt gern und zu oft zum unschönen Overacting. Dies passt vielleicht in eine Shakespeare-Aufführung im Theater aber nicht in einen Kinofilm, der in der Gegenwart spielt. Im späteren Verlauf stößt mir das auch öfters übel auf und ich kann mich damit bis zum Ende des Films nicht anfreunden.
Was den Rest des Films betrifft, so gibt es nichts zu meckern. Die Bildgestaltung ist einwandfrei, Soundeffekte und Score sind stimmig und die Schauspielerauswahl ist mehr als gelungen. Als Bühnenstück oder als Historienfilm hätte mir Coriolanus sicherlich gefallen, aber so sehe ich den Versuch für gescheitert an, den historischen Stoff und die damit verbundenen Themen von Coriolanus in die Gegenwart zu transferieren und ins doch eher enge Korsett des Kinoformates zu quetschen.
Berlinale 2011: PINA
PINA
R: Wim Wenders
Deutschland, Frankreich 2010
Deutsch, Englisch, Französisch, andere
D: Ensemble Tanztheater Wuppertal Pina Bausch
Script: Wim Wenders
Wettbewerb
außer Konkurrenz
Bereits der zweite 3D-Film an dem heutigen Tag. Und erneut von einem der ganz großen deutschen Regisseure, Wim Wenders. Der Sitzplatz im Urania ist nicht ganz optimal, aber in Anbetracht der anscheinend riesigen Nachfrage nach Restkarten – draußen wurde sogar mit Transparenten nach Eintrittskarten gesucht – war ich dann doch ganz froh überhaupt eine Karte ergattert zu haben. Der stimmlich etwas angeschlagene Wim Wenders – hat wohl an zu vielen Interviews in den vergangenen Tagen teilgenommen – war kurz selbst zur Ankündigung seines aktuellsten Films auf der Bühne. Danach ging es auch direkt los.
Von Beginn an befindet sich der Betrachter inmitten der riesigen Tanzbühne, die dank der 3D-Technik dann auch um Einiges an Tiefe gewinnt. Aber hier taucht auch schon das erste Problem auf. In 3D wirkt alles wie im Modellbaumaßstab. Zwar zum Anfassen realistisch aber wirklich nah kommt man den Akteuren nicht. Da muss einfach noch weiter dran gefeilt werden. Die Tanzeinlagen wirken vor den unterschiedlichsten Kulissen in und um Wuppertal optisch ansprechend. Musikalisch werden einem verschiedenste Stile präsentiert. Einige gefallen hier besser als andere, aber dies ist ja Geschmackssache. Was ich wirklich bei Wim Wenders Film vermisst habe, war Pina Bausch selbst. Leider wurde der Film ja erst nach ihrem Tode gedreht. Doch gerade durch die vielen Interviews der Tänzer, in denen sie so positiv und begeisternd von Pina Bausch schwärmten, wurde meine Neugier erweckt. Als völliger Neuling auf dem Gebiet des Ausdruckstanzes wollte ich ein paar Worte von Pina selbst hören, doch bis auf einige alte Tanzaufnahmen aus dem Archiv blieb Pina Bausch dem Geschehen und vor allem mir fern. So wollte sich einfach keine tiefere Beziehung herstellen und ich konnte nur als Betrachter das teilweise durchaus beeindruckende Tanzen – besonders die Szene mit dem Wasserboden im Theater gefiel mir sehr – verfolgen. Zum Ende hin nutzte sich das Aneinanderreihen der Choreographien dann aber doch zu sehr ab und ich musste feststellen, dass ich kein wirklicher Freund des Ausdruckstanzes bin.
Berlinale 2011: Familiar Grounds
En terrains connus | Familiar Grounds
R: Stéphane Lafleur
Kanada 2011
Französisch
D: Francis La Haye, Fanny Mallette, Sylvain Marcel, Michel Daigle
Forum
Etwas, nein, viel ruhiger und in einem kleinen Rahmen geht es mit diesem Film aus Kanada weiter. Die Stimmung erinnert stark an Fargo. Auch die Story ist ähnlich schräg. So wird die Handlung bei Familiar Grounds durch die Ankündigung von drei Unfällen vorangetrieben. Gespannt wartet man nach der Titeleinblendung auf den kommenden Unfall. Nicht nur das, auch die Entwicklung der Handlung bleibt spannend. Alles wirkt sehr stimmig. Sowohl Kulisse, Kameraführung, Soundtrack, Geräuschkulisse und die Protagonisten selbst wirken wie aus einem Guss. Leider schlug mir meine Müdigkeit zum Ende hin ein Schnippchen. So sah ich leider nur noch die letzten Minuten des bis dahin fabelhaft atmosphärischen Films. Da muss definitiv nochmal eine Zweitsichtung her.
Berlinale 2011: Life in a Day
Life in a Day
R: Kevin Macdonald
Großbritannien 2010
Englisch
Panorama Special
Etwas holprig war der Start von Life in a Day, da nach gut einer Stunde Verspätung zunächst wohl eine Kopie zu einem Testscreening gezeigt wurde. Der Fehler wurde ein paar Minuten später bemerkt und der Film startete zum zweiten Mal. Im übrigen sollte es nicht bei dieser einen technische Panne während der nächsten Tage bleiben.
Die gezeigten Bilder wurden am 24.07.2010 gedreht und nun zu einem Feature Film zusammengefasst. Chronologisch wird hier in kleinen Clips das Leben an Orten der ganzen Welt gezeigt. Dabei schwankt die Qualität der Bilder sehr stark. Haben viele den typischen Charakter eines YouTube Videos, so sind aber auch einige wenige beeindruckend schön komponiert. Durch einen stimmigen Score begleitet folgten witzige, traurige, nachdenkliche und faszinierende Bilder, die das Geschehen auf der Welt sehr schön als Momentaufnahme wiedergeben. Was man für sich selbst nach den 95 Minuten mit nach Hause nehmen kann? Ich weiß es nicht. Life in a Day ist einfach nur ein partielles Abbild der Wirklichkeit ohne dabei tiefgründige Fragen zu stellen oder gar zu beantworten. Eventuell hilft es dabei den eigenen Sinn für die Existenz auf dieser Welt und dieser Zeit zu erkennen.
Beeindruckend bleibt die unglaubliche Recherchearbeit. Mussten immerhin aus über 80.000 Einzelclips mit einer Gesamtlänge von ca. 4.500 Stunden dramaturgisch die passendsten ausgesucht und in ein handliches 90 Minutenkorsett geschnürt werden. Dies ist wohl der Hauptverdienst des Filmteams rund um Kevin Macdonald.
Berlinale 2011: Cave Of Forgotten Dreams
Cave Of Forgotten Dreams
R: Werner Herzog
USA, Frankreich 2010
Englisch
Wettbewerb Sondervorführung
Direkt zu Beginn meines Berlinale-Besuchs gab es eine Vorstellung in 3D. Zur Projektion kam im Urania das Dolby 3D Verfahren zum Einsatz. Und gleich vorweg, die Probleme sind auch hier die gleichen – bei schnellen Bewegungen flimmert das Bild und die Gesamthelligkeit ist generell etwas zu dunkel. Aber abgesehen davon ist 3D natürlich ein feine Sache.
Der aktuellste Film von Werner Herzog entführt in die Chauvet-Höhle in Südfrankreich. Dort wurden vor wenigen Jahren die derzeit ältesten Höhlenmalereien der Welt entdeckt. Jedenfalls taucht man gleich zum Anfang in die geheimnisvolle Welt ein. Dank der 3D-Technik beschränkt sich das Betrachten nun nicht mehr nur auf die Zeichnungen selbst, sondern auch auf den Untergrund, die konvexen und konkaven Felsenformen, auf den die Zeichnungen mit teils erstaunlichen Details aufgetragen wurden.
Die Dokumentation beschäftigt sich aber nicht nur mit den Malereien ansich, sondern Werner Herzog weitet das Ganze noch auf die Personen aus, die an dem Projekt beteiligt sind und führt seine gewollt ungewollten teils witzigen Interviews. Ein typischer Herzog-Film würde ich sagen. Zum Ende hin wird es dann etwas philosophischer und Herzog wirft allgemeine Fragen zur Filmkunst und der menschlichen Existenz auf. Dies alles macht Cave Of Forgotten Dreams zu einer rundum gelungenen Dokumentation, die den Schatz der Chauvet-Höhle deutlich macht.
Berlinale 2011: Es geht wieder los
Da ich in den vergangenen Monaten nicht wirklich oft die Gelegenheit hatte ins Kino zu gehen und die Berlinale zeitlich für mich sehr günstig liegt, werde ich in der kommenden Woche dem Festival einen ausgedehnten Besuch abstatten. Ein Großteil der Tickets ist bereits reserviert und eine Unterkunft für die nächsten Tage organisiert. Das Wetter ist ja mittlerweile auch wieder typisch für die Berlinale – nass und kalt. Morgen früh geht es los und ich werde versuchen möglichst zeitnah ein paar Eindrücke von den gesichteten Filmen zu twittern und später dann auch ausführlich an dieser Stelle nieder zu schreiben. Das könnte allerdings etwas dauern.
Hier schonmal ein kleiner Ausblick auf den morgigen Tag. Volles Programm erwartet mich mit Cave Of Forgotten Dreams (3D) von Werner Herzog, Life In A Day (YouTube Film), der kanadische En terrains connus | Familiar Grounds von Stéphane Lafleur und Pina (3D) von Wim Wenders. Und schon am ersten Tag werden gleich zwei Filme in 3D präsentiert. Da bin ich ja mal gespannt. Konnte mich die Technik in der Vergangenheit doch so gut wir gar nicht überzeugen.